3. Hamburger Küchensessions-Festival im Knust, Hamburg

So allmählich neigt sich das (Konzert-)Jahr dem Ende entgegen, bereits zum letzten Mal wurde an diesem Sonntag ein Festival sowie das Knust aufgesucht. Ziel war das oben erwähnte dritte Hamburger Küchensessions-Festival, dass einige Songwriter des Landes (und einen Gast von Down Under) auf einer Bühne versammeln sollte.

 

Eine clevere Entscheidung der Macher war es mit einem Duo zu beginnen, welches durch volle Bandbesetzung ergänzt wurde, um direkt mal Stimmung in den Laden zu bekommen. Denn so gern ich auch Singer-/Songwriter-Musik mag, ist es nie verkehrt, wenn diese durch Bass und Schlagzeug an Tiefe und Dichte gewinnt, zumindest wenn es gut gemacht ist. Im Fall von Liza & Kay kann man das definitiv so stehen lassen, sodass der Auftakt in den langen Abend direkt mal sehr stark war. Zwei tolle Singstimmen - insbesondere im Zusammenklang - und die schon erwähnten guten Bandmusiker und Melodien sorgten jedenfalls für gute Laune, auch wenn die Texte zugegebenerweise relativ banal waren.

 

Auch der nächste Act Wuttke - überraschend für dieses Festival als Schweinerock angekündigt - versuchte mit voller Bandstärke Stimmung zu machen. Für mich waren sie aber einfach nur viel am Platze, da man ihre Art zu singen auch nicht wirklich als Singen bezeichnen konnte. Weiter will ich mich über die drei aber auch gar nicht auslassen, lediglich nochmal erwähnen, dass es auch textlich und musikalisch bei mir so gar nicht angekommen ist. Ganz klar der schwächste Teil des Abends.

 

Mit dem dritten Act und gleichzeitigen Moderator des Abends, Benni Benson, sollte die Qualität dann Gott sei Dank wieder ansteigen. Für ein leider recht kurzes Set durfte er mit Gitarre und Mundharmonika (sowie zum Abschluss begleitet von Der Herr Polaris) die Bühne entern. Als Solo-Act wurde es naturgemäß etwas ruhiger, aber vor allem textlich auch der bisherige Höhepunkt des Abends. 

 

Am Abschluss seines Sets durfte er dann direkt die nächste Überraschung im Line-Up ankündigen, denn auch der Musikstil von Safi passte eigentlich nicht so recht in den Rahmen des Küchensessions-Festival. Vom klassischen Singer-Songwritertum gab es nun den krassen Wechsel in Richtung Grunge, einem Musikstil, der für meine Ohren doch extrem ungewohnt ist. Anders als bei Wuttke bin ich allerdings in diesem Fall der Meinung, dass man den dreien die Qualität in keinster Weise absprechen kann. Zudem war ich doch recht erstaunt, wie gut Grunge mit deutschen Texten funktioniert  - nicht zuletzt weil teils sehr kluge Botschaften in den Songs versteckt waren. Besonders stark waren jedoch die instrumentalen Momente und die - ein wenig an Nina Hagen erinnernde - Singstimme der Frontfrau.

Alles in allem also schon irgendwie cool, länger hätte ich das aber trotzdem nicht gebraucht.

 

Ansatzweise kann auch der fünfte Gast des Abends, der Australier Tim McMillan, als überraschend bezeichnet werden, denn anders als bei den Songwritern üblich, liegt bei seinen Stücke offenbar das Hauptaugenmerk auf der Musik. So war der Textanteil bei manchen Stücken nahe der 0%. Das ist jetzt allerdings gar nicht negativ gemeint, denn die gesamte Band hatte eine enorme Qualität vorzuweisen und kreierten dabei in der Regel Melodien zum Wegträumen - irgendwie genau das Richtige, da so langsam die Müdigkeit einsetzte.

Fazit also: Ein sehr starker Auftritt mit einem Frontmann, der zudem durch sehr witzige Ansagen und Storys das Problem auf seine Seite zog.

 

Nach der Halbzeit ging es dann weiter mit Simon & Jan, die möglicherweise am stärksten an diesem Abend dem Typus Singer-Songwriter entsprachen, eigentlich sogar mehr als Liedermacher ala Reinhard Mey anzusiedeln sind. Beim Gesangstil ging es hingegen eher in Richtung Simon & Garfunkel, also eine wirklich interessante Kombi, die dort mit den Stimmen und  Gitarren sowie Loop-Station die Leute im Knust beglückte. Wer nun aber nach dieser Einleitung von dem Duo Texte über die Sinnsuche oder die Probleme der Welt erwartet, den muss ich enttäuschen. Das Set bestand nämlich ausschließlich aus ironischen Beobachtungen der Gesellschaft, Promis und Religionen. Der Einstieg in Teil 2 des Festivals war jedenfalls geglückt und die Stimmung direkt wieder gut.

 

Die passende Stimmung also für den Star des Abends: Olli Schulz

Ich muss ja dazu schreiben, dass ich ihn (genauso wie alle anderen Acts des Abends) bislang allenfals von Namen her kannte. Trotzdem war seine Teilnahme an dem Festival der ausschlaggebende Grund sich doch ein Ticket für diese Veranstaltung zu holen. Und was soll man groß sagen ausser sich zu fragen, wie es sein kann, dass ein so großartiger Typ mir bis dato nahezu vollkommen entgehen konnte.

Egal ob Quasi-Weltpremieren von der 2015er-Platte oder die alten (für mich ja auch neuen) anderen Nummern - das war ganz ganz großes Kino, sowohl textlich als auch musikalisch. 

Zudem kann ich nun auch verstehen, wieso Olli für Radio und Fernsehen zu einer interessanten Person wurde, denn derartig gute Entertainerqualitäten (Ansagen, Cover und Freestyle-Einlagen) sind wohl kaum zu überbieten. Sein Set war folgerichtig auch - Wehmutstropfen Nr,.1 - viel zu kurz und ich kann nur hoffen, ihn irgendwo auf seiner kommenden Tour zu erwischen und bis dahin werde ich mich an seinem Altwerk abarbeiten ;).

 

Star des Abends ist also in keinster Weise übertrieben, denn das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss.

Denn - und damit sind wir bei Wehmutstropfen Nr. 2 - obwohl die zweite Halbzeit des Festivals gerade erst ins Laufen kam, war der Abend für mich an dieser Stelle beendet, obwohl noch drei sicher interessante Acts im Line-Up standen. Die Gründe dafür liegen zum einen in dem arg voll gestopften Programm (was ich aber natürlich nicht kritisieren will), aber zum anderen vor allem in Verzögerungen, die sich letztlich auf über eine Stunde aufsummiert hatten. Künftig sollte man das ganze entweder vom zeitlichen Ablauf optimieren und Puffer einbauen oder das ganze früher starten oder auf einen Samstag legen, sodass man auch als Auswärtiger oder wie in meinem Fall als auf die Öffis Angewiesener eine Chance hat mehr als "nur" 70% des Programms zu verfolgen. Andernfalls sehe ich als kleiner "Geizhals" es nämlich eigentlich nicht ein, dieses Festival nochmals zu besuchen (es sei denn es käme ein wirklich großer Special Guest).

Auch wenn das jetzt nochmal harsche Kritik war, so soll nicht vergessen werden, dass es bis auf 1 bis 1,5 Ausnahmen musikalisch ein wirklich toller Abend war, der dort auf die Beine gestellt wurde und ein gelungener Knust-Abschied für 2014, der von Olli Schulz aber mal so richtig veredelt wurde.